Was bedeutet "Linksverschiebung"? (Blutbild)
Als "Linksverschiebung" bezeichnet man einen Blutbefund, wenn sich besonders viele jugendliche neutrophile Granulozyten im Blutbild zeigen, eine bestimmte Unterart der Leukozyten. Der Begriff "Linksverschiebung" bezieht sich auf die grafische Darstellungen einer Kurve, die die Entwicklungsdauer der neutrophilen Granulozyten anzeigt. Der Grad der Linksverschiebung erlaubt Rückschlüsse auf die zeitliche Entwicklung einer Krankheit bzw. auf deren Ursache.
Man unterscheidet zwei Arten der Linksverschiebung:
- Reaktive Linksverschiebung: Verstärkte Leukozytenbildung aufgrund einer akuten Infektion oder Entzündung.
- Pathologische Linksverschiebung: extreme Linksverschiebung meist aufgrund einer myeloischen Leukämie (Krankhafte, unkontrollierte Bildung bestimmter Leukozyten).
Reaktive Linksverschiebung
Wenn die Leukozyten-Anzahl im kleinen Blutbild auffällig ist, wird ein Differentialblutbild erstellt, das die Unterarten der Leukos genauer untersucht. Den zahlenmäßig größten Anteil machen dabei mit rund 60% die neutrophilen Granulozyten aus. Diese werden wiederum unterteilt in
- die jugendliche Form: stabkernige Granulozyten, normal rund 3-5%
- die ausgereifte Form: segmentkernige Granulozyten, normal rund 54-62%.
Wenn der Anteil der stabkernigen, jugendlichen Granulozyten höher ist als normal (sog. Neutrophilie), deutet das auf eine akute Erkrankung hin, z.B.: bakterielle Infektionen, Entzündungen, Stress, aber auch andere mögliche Ursachen hin, z.B.: Schwangerschaft, starke körperliche Belastung, Medikamente.
Der Befund "Linksverschiebung" meint also in aller Regel, dass der Körper den natürlichen Mechanismus angekurbelt hat, um eine Krankheit zu bewältigen.Dabei muss man bedenken, dass nur rund 10% der Leukozyten tatsächlich im Blut zirkulieren. Der Rest befindet sich im Lymphsystem oder als Notfall-Reserve im Knochenmark. Bei einer akuten Infektion werden innerhalb der ersten 6 - 12 Stunden Teile dieser Notfall-Reserve ins Blut abgegeben - je nach Grad der Infektion kann die Anzahl recht hoch sein. Gleichzeit beginnt die Neubildung im Knochenmark. Die dadurch hervorgerufene Erhöhung im Blut ist dann nach 24 - 48 Stunden im Blut messbar.
Vor allen bei bakteriellen Infektionen kann die Produktion erheblich hochgefahren werden, so dass der Peak recht auffällig sein kann. Auch das ist im Grunde nicht problematisch, solange sich nicht zu viele Vorstuffen der Granulozyten im Blutbild zeigen. Neben dem Leukozytenwert gehören noch die Blutsenkung sowie der CRP-Wert zu den sog. Entzündungsparametern.
Pathologische Linksverschiebung
Wenn sich vermehrt Vorstufen der Granulozyten messen lassen (extreme Linksverschiebung), deutet das auf eine myeloische Leukämie hin: der Blutbildungsprozess im Knochenmark (sog. Hämatopoese) ist dann gestört, die weißen Blutkörperchen bilden sich zu stark und unkontrolliert.
Rechtsverschiebung
Bei einer Rechtsverschiebung lassen sich im Blut besonders viele überalterte segmentkernige Granulozyten messen. Das deutet eher auf perniziöse Anämie hin (siehe makrozytäre Anämie). In dem Fall fehlen notwendige Baustoffe für die Bildung der Blutzellen (v.a. Vitamin B12 und/oder Folsäure).
Quellen
- Naturheilpraxis heute, Elvira Bierbach (Hrsg.), 5. Auflage 2013, Seite 873 folgend
- Klinische Chemie und Hämatologie, 9. Aufl. 2019, Klaus P. Kohse (Hrsg.), Thieme Verlag, Seite 346 folgend
- Lehrbuch der Physiologie, Rainer Klinke und Stefan Silbernagl, Georg Thieme Verlag, Seite 195 folgend
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